Mühsam quält sich Christiane Steger die Gangway hinauf. Der Übergang vom Eincheck-Point der Stena Line in Kiel bis zum Deck 8 der Fähre ist etwa 500 Meter, gefühlt drei Kilometer lang. Kleine Wölbungen an den Stoßstellen der einzelnen Segmente erschweren den Aufstieg noch einmal, besonders wenn man ihn wie Christiane im Rollstuhl zu bewältigen hat. Gewiss, sie hat ihren Lebensgefährten Bernd Hämmerle dabei, aber der darf nicht anfassen. Christiane lässt sich dieses kleine Stück Selbstbestimmtheit nicht nehmen.Christiane und Bernd sind zu diesem Zeitpunkt schon elf Stunden unterwegs. Die Reise begann um sechs Uhr morgens im Hauptbahnhof Lindau am Bodensee. Ihr Auftrag: Sie sollen die schwedische Gemeinde Sollefteå auf Barrierefreiheit überprüfen. Diese Gemeinde möchte sich mehr als bisher dem barrierefreien Tourismus öffnen und insbesondere Gäste aus Deutschland anlocken. Unerfahren sind sie nicht, alle zwei Jahre findet hier der Paralympics Winter World Cup (PWWC) statt. Aber man weiß, deutsche Touristen sind anspruchsvoll, also sicherheitshalber noch einmal nachschauen.
Initiator dieser Aktion ist Michael Hardt, Professor für Design an der Universität Lappland in Rovaniemi, der nördlichsten Design-Universität der Welt, wie er betont. Er kaufte sich zuerst ein Ferienhaus in der Nähe von Sollefteå, fand die Gegend und die Menschen in Nordschweden so sympathisch, dass er kurz darauf offiziell mit seiner Frau auswanderte und jetzt Bürger dieser Gemeinde ist. Den Grundsätzen des Design4all-Gedankens folgend stellte er den Offiziellen der Gemeinde die Frage, ob man nicht noch viel mehr, als nur den zweijährig stattfindenden PWWC für den barrierefreien Tourismus organisieren könnte. Er fand bei ihnen nicht nur offene Ohren, sondern auch ein Budget und so erging der Auftrag an Christiane, die Stadt zu testen. Ein Gefühl von Freiheit weiterlesen